Fordító pályázat 2009-2010.
   

 

Aktuális
Felvételi
Mûfordítás
Érettségi
Berlin 2010.
OKTV
Diákcsere
Újságok, cikkek
Nyelvvizsgák
Comenius
TÁMOP
         

 

  2009-2010.    
 

Uwe Wittstock: Der Familienplanet
Eltern. Kinder. Katastrophen (Auszug)

   
 


Das Buch

Uwe Wittstock präsentiert seine Kolumnen vom Familienplaneten: Nachrichten aus dem Weltall, vom fernen und doch so nahen Familienplaneten. Komisch, erstaunlich und manchmal verzweifelt wird der Alltag mit drei Kindern geschildert – der ganz normale Wahnsinn eben.
Denn nur Unwissende glauben, Kinder würden von ihren Eltern lernen; in Wirklichkeit lernen die Eltern, und zwar Dinge, die sie noch nie wissen wollten. Die Namen der Bandmitglieder von Bro’Sis, die genaue Zusammensetzung des Pyro Pack 300 oder wozu Backstage-Ausweise wirklich da sind. Allen Eltern und künftigen Eltern sei also diese Lektüre wärmstens empfohlen: Hier erfahren Sie die Dinge, die wirklich zählen im Leben mit Kindern!

Der Autor

Uwe Wittstock, 1955 in Leipzig geboren, war von 1980 bis 1989 unter der Ägide von Marcel Reich-Ranicki Literaturredakteur der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Danach arbeitete er als Lektor im S. Fischer Verlag. Heute ist der Theodor-Wolff-Preisträger Kulturkorrespondent für »Die Welt«.

Besuchen Sie auch seine Website:
www.uwe-wittstock.de

Lieferbare Titel
Marcel Reich-Ranicki


Worum geht’s hier eigentlich?

Hartnäckige Gerüchte besagen, Eltern setzten Kinder in die Welt. Das stimmt natürlich nicht. Vielmehr sind es die Kinder, die ihre Eltern in eine neue, seltsame Welt versetzen. Auf den Familienplaneten. Auf diesem fremdartigen Gestirn ist alles anders, geheimnisvoll und unfassbar. Die zuvor kinder- und deshalb komplett ahnungslosen Erwachsenen stoßen hier auf so erstaunliche Erscheinungen wie Pubertätskrisen, Super-Soaker, Elternabende, Bro’Sis oder diese rutschigen kleinen Legosteine auf der obersten Treppenstufe.
Auf dem speziellen Familienplaneten, auf den es Annette und mich verschlagen hat, leben Nicolas, Marten und Lennart. Um diese drei und ihre unheimlichen Begegnungen der alltäglichen Art geht es in den folgenden Geschichten. Ein wenig geht es auch um Annette und mich, so weit die drei in den Geschichten Platz für uns gelassen haben. Das tun sie allerdings selten, denn Lennart ist jetzt sechs Jahre alt, Marten ist neun und Nicolas zwölf, und in diesem Alter sind die Kinder recht raumgreifend. Ungefähr so raumgreifend wie in der Zeit davor und danach.
Die Geschichten erscheinen in ein wenig anderer Form zuerst als Kolumne in der »Welt«. Ich wollte mit ihnen gern Nachrichten aussenden an Nachbargestirne, um mitzuteilen, wie das Leben auf unserem Planeten aussieht. Es ist, glaube ich, ganz anders und ganz genauso wie auf allen Familienplaneten.

(Seiten 9-10.)


Hohn und Gedächtnis

Ja gut, ich gebe es zu, manchmal, wenn’s hektisch wird, verwechsle ich die Namen der Kinder: Lennart stellt in unserm Wildkirschbaum Kletterrekorde auf, die Reinhold Messner erblassen ließen, und ich flehe von unten: »Nicolas, bitte, komm runter.« Lennart winkt dann, ruft »Ich heiße Lennart« und hievt sich noch zwei dürre Ästchen höher. Oder Marten hämmert am Klavier Heho! runter, dass Motörhead dagegen klingt wie Kammermusik, und ich brülle »Lennart, langsamer«, worauf Lennart im Flur auf der Treppe zusammenzuckt und in Zeitlupe weiter nach oben steigt. Oder Nicolas knallt mir wieder mal mitten in einem erzieherischen Vortrag die Zimmertür vor der Nase zu, ich reiße sie sofort wieder auf, fixiere ihn stahlhart und beginne die Strafpredigt mit den schönen Worten: »LeMartOlas…Äh.«
»Lemartolas?«, fragt Annette. »Haben wir noch ein Kind, von dem ich nichts weiß?«
Sicher, Verwechslungen sind lästig, aber offen gestanden, ich finde solche kleinen Fehler nicht so schlimm. Eher liebenswert. Überhaupt, ich finde meine Fehler nie besonders schlimm, immer sind es die anderen, die sich drüber aufregen. Niemand kann alles im Kopf haben, jeder vergisst mal was. Sogar Annette. Sie vergisst zum Beispiel sehr oft, dass ich Literaturkritiker bin und sehr beschäftigt und sausensibel und mich in Gedanken immer mit irgendwelchen bedeutenden kulturellen Fragen rumschlage. »Was schreibt Handke gerade? Wie geht’s Suhrkamp? Wann sollte ich gleich die nächste Rezension abliefern?«
Bei Problemen solchen Kalibers wird man doch wohl mal Namen verwechseln dürfen. Neulich Abend zum Beispiel, nachdem ich den Kindern vorm Einschlafen wieder aus Huckleberry Finn vorgelesen hatte, war ich mental noch ganz bei Mark Twain, als ich Lennart zudeckte, seine Stirn küsste und flüsterte: »Schlaf gut, Marten.«
Er lächelte: »Mein Name ist Lennart.«
»Weiß ich doch«, sagte ich.
Marten hatte sich schon in seinem Bett zusammengerollt, setzte sich aber noch mal auf und schüttelte mir sehr förmlich die Hand: »Guten Abend, mein Name ist Marten.«
»Weiß ich doch«, sagte ich.
Nicolas schrie aus seinem Zimmer: »Mein Name ist Peter Handke «
»Weiß ich doch«, sagte ich.
Letztes Wochenende dann, beim Einkaufen, trafen wir zufällig auf das Gedächtnis-Mobil der Stadt: Ein Bus, bemalt mit hypnotischen Augen, umschwärmt von freundlichen Leuten, die eifrig Flugblätter verteilten, dazu Broschüren oder bunte Aufkleber mit hypnotischen Augen und der anmutigen Aufschrift: »Keine Angst vor Alzheimer«. Annette war sofort begeistert.
»Das Gedächtnis kann man nämlich trainieren«, sagte sie. »Es gibt da Kurse. Wäre doch gut, damit du die Kinder nicht mehr verwechselst.«
»Ich kann mich nicht erinnern«, protestierte ich panisch, »jemals Kinder verwechselt zu haben. Höchstens Namen.«
Annette schnappte sich den nächsten besten Gedächtnis-Mobilisten: »Hilft Gedächtnistraining auch gegen Verwechslungen?«
»Möglich«, nuschelte der Mann, »ich weiß nicht. Ich bin vom 'Arbeitskreis Demenz'. Für Gedächtnistraining ist das 'Zentrum für Zerstreutheit' zuständig. Glaub ich.«
»Es geht«, präzisierte Annette, »um das Verwechseln von Namen.«
»Na ja«, meinte der Mann, »kommt vor. Ich verwechsle öfter mal die Namen meiner Kinder.« Der Mann war wirklich ungemein sympathisch. »Ich finde das ja nicht so schlimm, aber meine Frau …« Der Mann schaute sich kurz um und schwitzte.
Annette blickte streng: »Ihre Kinder? Wie viele haben Sie denn?«
»Eins, warum?« Er schwitzte stärker, sein Blick flackerte. »Glauben Sie etwa, ich wüsste nicht, wie viele Kinder ich habe?«
»Wie können Sie denn«, schüttelte Annette den Kopf, »Namen vertauschen, bei nur einem Kind?«
»Nein«, stieß der Mann hervor, »es sind zwei! Oder drei? Weiß nicht, keine Ahnung. Kann man ja mal vergessen.« Er begann zu zittern, stöhnte und lehnte sich mit dem Rücken an den Bus, die hypnotischen Augen starrten rechts und links über seinen Schultern. »Sagen Sie es nicht meiner Frau. Bitte.«
Ein Kollege nahm ihn behutsam am Arm, führte ihn zu einem Stuhl und wandte sich uns zu: »Unser Walter«, lächelte er. »Der fühlt sich heute nicht so. Kann ich was für Sie tun? «
»Franz«, kreischte der Mann aus dem Hintergrund und bäumte sich vom Stuhl hoch, »ich heiße Franz, das weiß ich genau! Ich bin nicht Walter, du verwechselst mich.«
Annette zog mich am Ärmel weg von den beiden: »Was für ein schräger Laden«, brummte sie, »vergiss ihn.«
»Mach ich«, sagte ich, »klar doch.«

(Seiten 43-46.)

   
 
   
 
Word
Vissza a tetejére
   

 

Vissza a lap tetejére
Vissza az aktuális hírekhez
 
Vissza a munkaközösségek oldalára
Vissza a gimnázium kezdõ oldalára

 

   
Német munkaközösség